Von KRISTOF LERNO
2019 haben wir zum ersten Mal in den Osterferien eine Reise mit der Familie gemacht. Das Ziel war damals Kreta. Das war für uns gar nicht so schlecht, sowohl die angenehmen Temperaturen sowie die schöne Natur im Frühling, als auch das Vermeiden der Touristenmassen im Sommer.
Im selben Jahr wurde auch mein Schildkrötenhobby wieder entfacht. Im Sommer machten wir eine weitere Reise nach Istrien (Kroatien), wo wir einige bescheidene Versuche unternahmen, Testudo hermanni hercegovinensis zu finden, leider ohne Erfolg.
Inhaltsverzeichnis
Zurück zu Hause beschloss ich, sofort mit der Arbeit an einem neuen naturnahen Schildkrötengehege zu beginnen. Nach dem Sommer zog eine sehr schöne Gruppe von Testudo hermanni hermanni aus Korsika ein. Am Jahresende freuten wir uns schon auf eine nächste Osterreise. Warum nicht Korsika als Ziel wählen?
Dann könnte ich vielleicht sehen, wie diese Tiere in freier Wildbahn leben. Alle waren sich einig, es im Jahr 2020 würde es Korsika sein!
Wir waren gezwungen, zwei Jahre zu überspringen, denn sowohl 2020 als auch 2021 war Coronabedingt nicht viel los mit Reisen.
Schildkröten in der Natur finden
In der Zwischenzeit hatte ich schon viel Spaß mit meinen Korsen und ich hatte das Hobby noch weiter ausgebaut. Der Wunsch, nach Schildkröten zu suchen, war nur noch stärker geworden. Das ging sogar so weit, dass meine Familienmitglieder fragten: „Wollen wir auf Korsika nicht noch andere Dinge tun, als nur Schildkröten zu suchen?“. „Ja, natürlich“.
Am Sonntag, dem 10. April 2022, war der Moment der Abreise endlich gekommen. Die Umbuchung hatte es uns ermöglicht, Flüge mit sehr „effizienten‘ Zeiten zu buchen, aber wir mussten von Paris, Orly abfliegen. Der Flug ging um 08:05 Uhr, also fuhren wir um 02:00 Uhr mit dem Auto los.
Der Vorteil war, dass wir vor 10:00 Uhr in Figari im Süden Korsikas landeten. Ich hatte die Unterkunft in dem Dorf Sotta strategisch gewählt. Es liegt in der Mitte der Ebene zwischen Figari und Porto Vecchio im Süden Korsikas.
Obwohl es theoretisch überall auf Korsika Schildkröten gibt, sieht die Realität anders aus. Korsika ist sehr gebirgig und Testudo hermanni hermanni ist hauptsächlich im Flachland zu finden, wo es auch Flüsse und Bäche gibt. Es gibt drei große Kerngebiete. Erstens die große Ebene im Osten auf der Höhe von Aleria, zweitens die Ebene nordöstlich von Ajaccio (im Westen Korsikas) und drittens die Ebene zwischen Porto Vecchio und Figari im Süden der Insel.
Gleich beim ersten Versuch richtig getroffen
Da wir auf dem Flughafen Figari gelandet waren und es noch zu früh war, um zu unserem Hotel zu fahren, beschloss ich, gleich loszulegen. Und tatsächlich haben wir gegen Mittag bereits unsere ersten Schildkröten gesichtet. Zwei Männchen, wovon einen einem sonnigen Platz in einem Korkeichenwald saß und eine am Straßenrand entlang lief.
Da merkte man sofort, dass diese Tiere durch die menschliche Anwesenheit bedroht sind und obwohl wir keine Beweise dafür gefunden haben, kann es nicht anders sein, als dass es regelmäßig Opfer durch Autos gibt.
An den folgenden Tagen besuchten wir verschiedene Stellen, jeweils zwischen etwa 11 und 13 Uhr. Insgesamt fanden wir 30 Tiere an 6 verschiedenen Tagen.
An zwei Tagen haben wir nicht gesucht, weil das Wetter nicht so sonnig war und andere Aktivitäten stattfanden (die Kirche musste im Dorf bleiben, Sie Wissen schon).
Alle Tiere wurden in einem Umkreis von 50 bis 100 Metern von fließendem Wasser gefunden. Die Vegetation variierte von lichter Macchia über dichtere Macchia bis hin zu Eichenwald (Kork- und und Steineichen). Wir fanden auch sehr viele Tiere an den Rändern von Wiesen, am Wald- und Buschrand. Die meisten Tiere wurden nicht in Bewegung getroffen, sondern beim Sonnen.
Die meisten Schildkröten, die wir fanden, befanden sich auf Weideflächen, das heißt, sie mussten sich ihren Lebensraum mit Vieh – meist Kühen- teilen.
Wir fanden auch viele Spuren von aufgewühlter Erde. Manchmal wurde dies von den Kühen verursacht, aber es gibt auf Korsika auch viele Wildschweine. Wildschweine sind ein wichtiger natürlicher Feind der Schildkröten, vor allem für die Eier und Jungtiere. Ein Übermaß an diesen Tieren ist das Letzte, was die Schildkröten gebrauchen können.
Paarungszeit
Im April ist auch Paarungszeit. Ein Pärchen konnten wir aufgrund der typischen Geräusche des Männchens ausmachen. Ein anderes Pärchen verriet sich durch Rascheln in einem Busch. Sie können sich vorstellen, wie meine Beine nach dieser Woche aussahen. Wir fanden auch eine Reihe von Männchen, die auf der Straße unterwegs waren, vielleicht auf der Suche nach einem Weibchen.
Von den 30 Tieren, die wir fanden, waren 28 erwachsen. Jungtiere sind viel schwieriger zu finden, da sie ein sehr verstecktes Leben führen. Wir fanden zufällig ein Jungtier von etwa drei Jahren in einem Abstand von einem halben Meter zu einem erwachsenen Tier, weil wir ein Rascheln hörten. Meine Frau fand ein zweites Jungtier, das offensichtlich erst 2021 geboren wurde, 10 cm neben ihrem Fuß.
Ich war bereits (vielleicht knapp) daran vorbeigegangen. Dieses Tier zeigte kaum Wachstum. In der Natur ist die Inkubationszeit recht lang (etwa 3 Monate), so dass dieses Tier den größten Teil seines jungen Lebens im Winterschlaf verbracht hatte.
Der Kleine sah recht fröhlich aus, obwohl ich eine Blase an einem seiner Nasenlöcher bemerkte. Das habe ich auch bei einigen erwachsenen Tieren gesehen. Leider war eine gefundene Schildkröte tot. Es war ein erwachsenes, aber relativ junges Weibchen, ein schönes Tier. Ich konnte auf dem Schild keine Anzeichen finden, die die Todesursache erklären würde. Der Kopf und die Beine befanden sich bereits in einem ziemlich fortgeschrittenen Zustand der Verwesung und waren kaum noch zu erkennen.
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Da es die Männchen sind, die im April am aktivsten sind, fanden wir diese deutlich häufiger als Weibchen. Wir haben insgesamt 17 erwachsene Männchen gefunden. Die Länge variierte zwischen 13,5 und 16,5 cm mit einem Durchschnitt von 14,9 cm. Das Gewicht schwankte zwischen 545 und 823 Gramm, mit einem Durchschnitt von 648 Gramm.
Neben dem toten Weibchen fanden wir noch 10 erwachsene Damen. Sie maßen zwischen 16.0 und 20.5 cm (Durchschnitt 17.9 cm). Ihr Gewicht reichte von 693 Gramm bis 1477 Gramm und Betrug im Durchschnitt 1010 Gramm. Das größte und schwerste Exemplar wage ich als Riese zu bezeichnen, immerhin nach Testudo hermanni hermanni Maßstäben.
Die Schätzung des Alters ist natürlich nicht einfach, aber ich habe es immer versucht. Daraus schließe ich, dass das Durchschnittsalter der erwachsenen Tiere etwa 30 Jahre betrug, wobei die Spanne von Exemplaren, die ich auch etwa 10 Jahre schätze, bis hin zu eindeutig sehr alten, glatten Tieren reichte, die ich für mindestens 60 Jahre alt halte.
Kaum Anomalien, aber Höcker
Es wurde nur ein Exemplar mit einer Anomalie am Panzer gefunden, zufällig das Letzte, das wir gefunden Haben. Dies betraf die erste und zweite Mittelplatte, die zu einer Platte zusammengewachsen waren. Das Lustige daran ist, dass ich jetzt ein Nachkommen von 2020 zu Hause habe, der genau dieselbe Anomalie aufweist.
Die meisten Tiere wiesen einige kleinere Narben auf und einige Exemplare hatten in ihrem langen Leben eindeutig viel durchgemacht. Einem Männchen fehlte ein Stück seines linken Vorderbeins. Mir fiel auch auf, dass die meisten Tiere keine schönen glatten Panzer hatten, sondern ein gewisses Maß an Höckerwachstum aufwiesen. Vor allem die typischen Furchen um die Wirbelschildplatten waren bei vielen Tieren zu finden.
Die Suche nach Schildkröten hat für mich etwas Beruhigendes und Spannendes zugleich. Man läuft inmitten einer schönen Landschaft, in der Stille und in der Hoffnung auf ein Rascheln, und wenn man ein Tier findet, ist das ein tolles Gefühl. Es hat auch großen Spaß gemacht zu sehen, wie meine liebste Frau Tessa, obwohl sie nicht so Schildkröten-verrückt ist wie ich, die Suche trotzdem aufregend fand und sogar fast süchtig wurde.
Ich danke ihr für die vielen Stunden, die wir gemeinsam auf der Suche verbracht haben und für die vielen Kratzer an ihren Beinen, die sie sich im Gebüsch zugezogen hat. Die Jungs, Daan (16) und Stan (13) fanden das alles etwas weniger aufregend, aber auch sie haben viel gesucht und geduldig gewartet, bis wir aufgegeben haben.
Und nun kann ich anfangen, vom nächsten Ziel zu träumen. Mallorca?
Sardinien? Sizilien?
Originalquelle: TRIONYX 4, 2022
Veröffentlicht: Testudo (SIGS), 32,2023
Viele Dank Kristof für diesen ausführlichen Bericht und den wunderschönen Fotos!