Lebensraum der Griechische Landschildkröten

Als ich vor 2001 Jahren dieses faszinierende Hobby begann, war an Literatur noch nicht so viel über diese Tiere zu bekommen. Die Bücher, die es damals gab, zeigten Tiere in Terrariumhaltung und als Futter gab es  Obst. Zumindest war mir damals schon bekannt, das dies für meine Tiere nicht in Frage kommt und nur Wildkräuter und ein Freigehege artgerecht ist.

Habitat, Lebensraum Griechische Landschildkröte
Habitat, Lebensraum Griechische Landschildkröte

Nachdem ich mich intensiver mit der Haltung beschäftigte und das Internet nun auch mehr an Informationen preisgab, die Bücher immer besser wurden, machte ich mir Gedanken, wie ich meine Haltung noch mehr optimieren kann.

Um meinen Tieren eine annähernde artgerechte Haltung gewährleisten zu können, begann ich, mich über den natürlichen Lebensraum der griechischen Landschildkröten zu informieren.

Erst wenn man in etwa eine Vorstellung hat, wie sie in ihren Habitaten leben, deren Landschaften und Klima geprägt sind, weis man, welche Bedürfnisse die Tiere an ihren Lebensraum haben.

Deshalb ist, meiner Meinung, Kenntnisse über ihren Lebensraum aber auch Lebensweise für eine artgerechte Haltung notwendig.

Griechische Landschildkröten leben in ihrem Verbreitungsgebiet überwiegend in Bereichen mit mediterranem Klima. Dieses wird geprägt durch die Temperatur und die Anzahl der Sonnenstunden. Milde, regenreiche Winter und heiße, trockene und niederschlagsarme Sommer bestimmen den Lebensraum.

Kalksteinhaltige Landstriche mit dichter Vegetation bestimmen mit das Bild.

Weitere Voraussetzungen für das Vorkommen der Griechischen Landschildkröte sind natürlich das Vorhandensein von ausreichend Nahrungs- und Wasserquellen, Freiflächen für die Thermoregulierung und Versteckplätze zum Schutz vor einer möglichen Überhitzung.

Ist alles gegeben, besiedeln sie fast alle Vegetationsformen im Mittelmeerraum. Selbst in Höhen von bis zu 1400 m ü. NN. wurden Exemplare gesichtet.

So können sie steinige Hänge, aber auch lichte Kiefern-, Eichen- und Korkeichenwälder, sowie Strauch- und Heidelandschaften besiedeln (Maccia, Garrigue)

Maccie und Garrigue

Die Maccie ist eine immergrüne Busch- und Strauchvegetation und ist charakteristisch für Gebiete mit medi-terranem Klima.

Sie entstehen durch die übermäßige Benutzung des Menschen durch Holzentnahme, Abbrennen und Beweidung z.B. durch Ziegen.

So wurde über die Zeit aus großen Wäldern, „Dank“ des Menschen ein dichtes, stellenweise undurchdringliches Gestrüpp von 3-5 m Höhe. Für den Mensch kaum zu bezwingen, für die Schildkröten ideale Versteckmöglichkeiten. Da durch das dichte Gestrüpp nur wenig Sonnenlicht den Boden erreicht, können Kräuter hier nicht so gedeihen. Folgende Pflanzen bestimmen die Maccia: Johannisbrotbaum, Kork und Steineiche, Kiefer, Dornginster, Dornige Bibernelle, Brombeere, Stecheiche.

Durch weitere intensive Beweidung der Maccie entsteht die Garrigue. Diese niedrige Strauchformation wird ca. 1 m hoch und hat einen reichhaltigen Pflanzenbestand. Charakteristische Pflanzen der Garrigue sind Zwecksträucher wie Rosmarin, Echter Thymian, verschiedene Lavendelarten, Salbei-Arten, verschiedene Ginsterarten, Dost, Lorbeer, Bergminze und verschiedene Knollen- und Zwiebelpflanzen.

Beide Vegetationsformen wechseln sich ab bzw. gehen ineinander über, je nachdem wie die Bodenbeschaffenheit oder Nutzung ist.


Schildkrötenhabitat auf Menorca (Bilder zur Verfügung gestellt von Andreas Maliszewski)


Was bedeutet das mediterrane Klima nun für die Ernährung der Schildkröten in ihren Habitaten? Im Frühjahr,wenn das Leben erwacht, ist der Tisch reichlich mit saftigen Pflanzen und Blüten gedeckt. Die Tiere haben die freie Auswahl, gehen von Pflanze zu Pflanze, beißen immer nur wenige Stücke und rennen zur nächsten. Morgens wird der Tau von den Blättern gerne getrunken.

Täglich steigen nun die Temperaturen und der beginnende Hochsommer ist durch trockene, heiße Tage geprägt. Die Pflanzen verdorren und den Schildkröten steht jetzt viel weniger Futter zur Auswahl. Dieses besteht dann hauptsächlich aus vertrockneten, kräuterreichem Heu. Der Rohfaseranteil ist aber wesentlich höher, weshalb die Tiere dann auch weniger fressen müssen um satt zu werden.

Erst im Herbst, wenn es wieder mehr regnet, stehen wieder frische, grüne Kräuter zur Verfügung.

Für meine Haltung bedeutet das, das ich im Sommer viel selbstgetrocknete Kräuter und aufgeweichte Agrobs verfüttere. Aber dazu später mehr.

 



Ossa-Gebirge & Piniosdelsta (Lebensraum Breitrandschildkröte und Griechische Landschildkröte, Ostrasse) in Griechenland zur Verfügung gestellt von Viola Morew


Aktivitäten im Jahresverlauf

Wie das Futterangebot im Jahresverlauf, sind auch die Aktivitäten der Schildkröten in den unterschiedlichen Jahreszeiten verschieden.

Grundlage für das aktive Verhalten der Griechischen Landschildkröte sind die steigende Temperaturen und die stärkere Sonneneinstrahlung im Frühjahr.

Im zeitigen Frühjahr beschränken sich die Aktivitäten auf die Tagesmitte, dem wärmsten Zeitpunkt des Tages. Da aber noch vielerorts das Wetter bis in den April noch zu unbeständig ist, sind die Aktivitäten noch sehr eingeschränkt. Die meiste Zeit wird zur Thermoregulierung verbracht. Das heißt viele Sonnenbäder.

Bei steigenden Temperaturen im Mai, beginnen die Tiere ihre Aktivitäten vom späten Vormittag/Mittag in die frühen Morgenstunden zu verlegen.

Die Männchen beginnen schon kurz nach der Winterstarre mit der Balz, sobald sie auf ein Weibchen treffen. Der Aktivitätsradius vergrößert sich mit fortschreitender Zeit und Temperatur, die Suche nach den Weibchen wird gezielter. Der Höhepunkt der Balz bzw. der Fortpflanzung werden in den Monaten April/Mai erreicht. Die Anzahl der Sonnenbäder wird rückläufig und verlagert sich in die Morgenstunden.

In den Monaten Mai/Juni ist dann auch der Höhepunkt der Legesaison.

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In der Hochsommerphase Juli/August sind die Tiere besonders in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag unterwegs, um so der großen Hitze auszuweichen. In den Mittagsstunden sieht man so gut wie keine Tiere auf Freiflächen. Um nicht zu überhitzen, werden Verstecke in Höhlen und unter Gebüschen aufgesucht.

Aufgrund der hohen Temperaturen in dieser Jahreszeit können dann auch Tiere in der Dämmerung, bei dann angenehmen Temperaturen, gesichtet werden. Allgemein kann für diese Jahreszeit festgehalten werden, das durch zurückgehender Fortpflanzungsaktivitäten und der hohen Temperaturen die Aktivitäten weniger sind als im Frühjahr.

In besonders heißen Gebieten können die Tiere auch eine Sommerruhe halten (Ästivation).

Paarungsaktivitäten

Im Spätsommer kommt es dann wieder zu mehr Balz- und Paarungsaktivitäten. Die nun wieder angenehmen Temperaturen und der einsetzende Regen genießen die Tiere durch ausgiebiges Baden und Trinken. Gleichzeitig, mit Beginn der Regenfällen und den zurückgehenden Temperaturen, gehen die Aktivitäten allmählich mehr und mehr zurück. Im Spätsommer beginnt dann auch der Schlupf der im Frühjahr abgesetzten Gelege.

Im Herbst sind die Tiere bei immer weiter zurückgehenden Temperaturen nur noch sporadisch bei Wärmeperioden unterwegs und verlassen sonst ihre Verstecke nicht mehr. Diese Zeit wird, wenn sie noch unterwegs sind, ausschließlich für Sonnenbäder und Thermoregulierung genutzt. Das Fressen wird eingestellt bis dann im Spätherbst sich fast alle in ihre Winterquartiere zurückgezogen haben. Auslöser zur Vorbereitung der Winterstarre* sind neben der zurückgehenden Temperatur, die kurzen Tage, die Lichtintensität der Sonne und der Luftdruck. Aber besonders die sinkenden Nachttemperaturen veranlassen die Tiere die Nahrungsaufnahme zu reduzieren und die Starre vorzubereiten

Die Winterstarre (Hibernation) beträgt, je nach Gebiet zwischen 3 und 5 Monate.

Sekundärlebensräume

Ich finde, das man als Halter von europäischen Landschildkröten sich auch mit ihrem natürlichen Lebensraum auseinander setzen sollte. Wenn ich weiß, wie sie in ihren Habitaten leben, welche Bedingungen dort herrschen, was sie benötigen um gesund aufzuwachsen, dann versuche ich diese Bedingungen so gut wie möglich bei meinen Tieren in unseren Breitengraden umzusetzen. Leider hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit ihren natürlichen Habitaten zu besuchen (Stand Januar 2015). Doch mittlerweile gibt so vieles an wirklich guter Literatur.

Besonders gefallen hat mir das Buch von Wolfgang Wegehaupt,  „Europäische Schildkröten-Lebensraum und Lebensweise“.

Wolfgang Wegehaupt
Wolfgang Wegehaupt

Hier wird sehr ausführlich der Lebensraum und die Lebensweise europäischer Schildkröten über den Jahresverlauf beschrieben.

Was mich zum Nachdenken brachte war das Kapitel über den Sekundärlebensraum. Mit Erlaubnis von Wolfgang Wegehaupt zur Veröffentlichung (nochmals vielen Dank!) wollte ich dieses Kapitel auf meiner Homepage bringen um noch mal zu verdeutlichen und sensibilisieren, wie wichtig eine naturnahe Haltung ist.

Auszug aus dem Buch: Europäische Schildkröten: Lebensraum und Lebensweise, gebundene Ausgabe-Januar 2012 von Wolfgang Wegehaupt

„Sekundärlebensräume sind nicht natürlich entstanden, sondern ausschließlich vom Menschen geschaffen worden. Europäische Landschildkröten können dauerhaft in Sekundärlebensräumen nur überleben, wenn dieselbe Eigenschaften wie ihre Primärhabitate aufweisen. Aus diesem Grund können nur die Degenerationsformen der einstigen Ur-Macchia, die heutige Macchia und die Garrigue als Sekundärlebensräume für europäische Landschildkröten bezeichnet werden.

Alle anderen gerne als Sekundärlebensräume genannten Areale wie Wiesen, Weiden, Weinberge, Olivenhaine, Plantagen, Begrenzungs-hecken von Äckern und Feldern, Haus- und Hotelgärten, Parkanlagen, Zeltplätze und ähnliche Flächen sind keine Sekundärlebensräume, sondern für europäische Landschildkröten bereits völlig zerstörte Habitate.

In solchen Arealen findet aufgrund der artspezifischen Habitatsansprüchen und der damit zusammenhängenden Lebensweise keine Populationsentwicklung mehr statt. Die wenigen dort noch lebenden Schildkröten können manchmal noch eine Zeit lang den unzähligen Gefahren trotzen. In einigen Fällen legen die Weibchen sogar Eier aus denen bei günstigen Umständen möglicherweise auch weiterhin Jungtiere schlüpfen. Allerdings finden diese Jungtiere dort nicht die für ihr Überleben notwendigen Mikroklimate, weshalb sie sich nicht mehr bis zu einem gesunden adulten Tier entwickeln können. Letztlich kommt es aufgrund vielfältiger zusätzlicher Gefahren zum lokalen Aussterben der Schildkröten.

Selbst in er noch nicht völlig zerstörten Arealen, wie beispielsweise manche Berghänge auf denen durchziehende Ziegen- und Schafherden weiden, ist die ursprüngliche Habitatsstruktur und somit die zur Arterhaltung erforderliche Lebensraumqualität nicht mehr vorhanden. Auch hier findet keine natürliche Populationsentwicklung mehr statt.

In den meisten veränderten Lebensräumen leben die Schildkröten nicht anders als in einem großen Gehege und müssen sich mit den vorhandenen Gegebenheiten begnügen. Immer ist der Wandertrieb durch Legesteinmauern und Zäune stark eingeschränkt oder wird durch umliegende Felder und anderen ungünstige Flächen beeinträchtigt. In solchen Arealen gibt es keine geeignete Eiablageplätze, weshalb die Eier an allen möglichen Ersatzorten über das gesamte Gelände verteilt abgelegt werden. Die Eier entwickeln sich kaum noch in dem erforderlichen feuchtwarmen Mikroklima, weswegen vermehrt alle möglichen Missbildungen und Anomalien auftreten.

Die Schlüpflinge und die Jungtiere wachsen nicht mehr im engen Verband in den feuchten Bereichen in und um die Legegebiete auf. Die meisten Schlüpflinge vertrocknen bereits während der Entwicklung im Ei oder wenige Tage nach dem Schlupf schutzlos in der sengenden Sonne. Die wenigen überlebenden Tiere wachsen wegen des zu trockenen und zu heißen Mikroklimas zudem höckerig und unförmig.

Die einzelnen dennoch durchkommenden Jungtiere sind später nicht mehr in der Lage, aus den inselartigen, sehr kleinflächigen, von Agrarland eingeschlossenen Arealen in andere Gebiete abzuwandern. Der  fehlende Genaustausch ist hier sicherlich das kleinste Problem, weil die Schildkröten in diesen Gebieten die negativen Auswirkungen eines erschöpften Genpools nicht mehr erleben werden.

Die jungen Schildkröten müssen ihr angeborenes Instinktverhalten dennoch ausleben und wandern als juvenile Tiere in das umliegende Land ab, um sich eine geeignete Wärmeinsel zu suchen. Auf diesen aussichtslosen Wanderungen werden die Tiere oft schon beim überqueren der Wege und Straßen überfahren und fallen in den nächsten Jahren vielfältigen anderen gefahren zum Opfer. Selbst die Schlüpflinge wandern auf der Suche nach einem feuchten Mikroklima bereits weiträumiger umher, als sie dies in ihrem Primärlebensräumen tun würden. Sie werden dadurch wesentlich häufiger von Räubern entdeckt und ebenfalls beim Überqueren von Wegen und Straßen überfahren.

Schildkröten sind keine Kulturfolger. Sie dringen nicht etwa, wie immer behauptet wird, bis auf landwirtschaftliche Flächen vor, sondern sie leben nach wie vor in ihrem angestammten Lebensraum, den adulte Schildkröten aufgrund ihrer angeborenen Ortstreue nicht verlassen können.“


Habitatsbilder aus Kroatien (Bilder zur Verfügung gestellt von Lutz Prauser)

Schildkrötenhabitat in Bulgarien (Bilder zur Verfügung gestellt von Thorsten Geier*)

Lebensraum auf Sardinien (Bilder zur Verfügung gestellt von Thorsten Geier)

Lebensraum auf Korsika (Bilder zur Verfügung gestellt von Thorsten Geier)

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