Gesichter der DGHT
Christin Kern, Leiterin der Auffangstation für Landschildkröten
Stuttgart, DGHT-Mitglied seit 2013
Christin, du betreibst in Stuttgart eine private Auffangstation für Landschildkröten, die weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Wie kam es denn dazu?
Mein erster Kontakt zu Landschildkröten erfolgte vor mehr als 50 Jahren, und nahezu mein ganzes Leben lang hatte ich die Möglichkeit, diese faszinierenden Tiere zu pflegen. Dann wurde das Tierheim Stuttgart vor einigen Jahren bei der routinemäßigen Überprüfung des Zuhauses für einen neu bei mir eingezogenen Tierschutzhund durch Zufall auf meine Schildkrötenhaltung aufmerksam. Man bat mich sogleich um Unterstützung, und zu Beginn handelte es sich auch nur um eine geringe Anzahl an im Tierheim abgegebenen Landschildkröten, die ich aufnehmen „durfte“. Dies änderte sich aber rasant, und nach kurzer Zeit frequentierten immer mehr „Tierschutzschildkröten“ meine Anlagen. Der Sachkundenachweis nach § 11 mit amtstierärztlicher Genehmigung folgte, und schon hatte ich meine eigene Auffangstation. Auf die DGHT-Stadtgruppe Stuttgart wurde ich übrigens anlässlich der Tiermesse „Animal“ aufmerksam, und wenn es mir die Zeit erlaubt, besuche ich seitdem sehr gern die Vortragsveranstaltungen in der Zooschule der Wilhelma, natürlich nebst geselligem Ausklang.
Welche Arten stehen bei dir im Fokus?
Derzeit leben Exemplare folgender Schildkröten in der Station:
Griechische und Maurische Landschildkröten, Steppen-, Breitrand-, Panther-, Köhler- und Spornschildkröten sowie Indische Sternschildkröten.
Für dein ehrenamtliches Engagement hast du 2015 den Tierschutzpreis des Landes Baden-Württemberg erhalten. Damit war auch eine kleine Geldprämie verbunden, aber vermutlich war die Summe nur ein Tropfen auf den heißen Stein zur Deckung deiner laufenden Kosten. Bekommst du denn irgendwelche Zuschüsse oder musst du alles selbst aufbringen?
Die tiergerechte Haltung von Landschildkröten in einer privaten Auffangstation, die rein ehrenamtlich betrieben wird, bedeutet wirklich eine sehr große finanzielle Belastung. Ich freue mich daher über jede Spende. 70 Landschildkröten benötigen nicht nur eine entsprechende Außenanlage, sondern gerade die exotischen Vertreter stellen auch ganzjährig hohe Anforderungen an Platz, Licht und Wärme. So fallen regelmäßig sehr hohe Kosten für Beleuchtung und Heizung, Futter oder den Tierarzt an. Immerhin deckt der Stuttgarter Tierschutzverein die Eingangsuntersuchungen und folgenden Tierarztkosten ab.
Du bist nicht nur regelmäßig bei der DGHT-Stadtgruppe zu Gast, sondern setzt dich das ganze Jahr über im gesamten Stuttgarter Raum für die sachkundige Haltung von Landschildkröten ein. Gibt es nicht auch Momente, wo dir das alles zu viel wird?
365 Tage im Jahr ist für die Tiere die Station geöffnet. Das strengt wirklich an. Mein Beruf, der mich ab und zu durch Deutschland führt, muss ja auch noch koordiniert werden. Haltungsfragen beantworte ich meist per E-Mail, in den Sommermonaten oft bis spät in die Nacht. Newsletter und Vorträge gehören ebenfalls zu meinem „Service“. Die Winterzeit war früher für die Neustrukturierung meiner Station, für die Pflege der Homepage oder auch zur Erholung da, doch aufgrund der ganzjährigen Haltungsfragen und der häufigen Aufnahme von Tieren ist dies kaum mehr möglich. Lass mich mal in meinen Kalender schauen: In diesem Halbjahr z. B. bin ich am Ostermontag bei den Regenwaldtagen in Esslingen- Zollberg, am 24. April zum Vortrag in der Wilhelma, und am 9. Juni wird es meinen Schildkrötentag geben, eine Veranstaltung mit sechs Referenten und Führungen. Am 17. Juni ist dann Tag der offenen Tür bei mir, da findet ab 11:00 Uhr eine Besichtigung meiner Auffangstation mit 15 Gehegen auf mehr als 700 m2 Fläche statt, es gibt verschiedene Stände, Führungen sowie Kaffee und Kuchen. Das sind jetzt nur die größten Veranstaltungen. Kleinere Vorträge, tierschutzrelevante Aktionen oder meine regelmäßigen Führungen für Schulen und Kindergärten sind da gar nicht berücksichtigt.
Wie siehst du als Tierschutzpreisträgerin des Landes und in Tierheimen engagierte „Exotenhalterin“ die andauernden Angriffe selbst ernannter „Tierschützer“, die die Reptilienhaltung am liebsten ganz verbieten wollen?
Die Haltung dieser sogenannten „Tierschützer“ kann ich in keiner Weise teilen. Mediale Ausschlachtungen diverser Organisationen verhindern offenbar den Tierschutz selbst. Tierschutz ergibt sich ja bereits aus dem Wort, aber wie und wo werden denn Tiere durch diese Tierschützer geschützt? Aufrufe angeblicher Schutzprojekte versanden in privaten Anlagen. Den wahren Tierschutz sieht man vielmehr im Kleinen, im tagtäglichen Umgang mit Tieren. Diese echten Tierfreunde präsentieren sich nicht permanent in den Medien, dafür haben sie gar keine Zeit.
Wie würdest du den Tierschutz in Zukunft gestalten?
Fach- und Sachkunde statt Verbote. Halter darf man nicht in die Illegalität zwingen. Statt permanenter Reglementierungen, neuer Gesetze und Verbote ist Aufklärung geboten: Die Halter von morgen sind Kinder, die dringend Wissen über den Tier-, Natur- und Artenschutz benötigen. Sie müssen lernen, dass es außer PC und Handy auch noch eine Welt da draußen gibt, die spannend, aufregend und schützenswert ist. Schulen sollten daher lebendige Tier- und Naturkunde vermitteln.
Derzeit nutzt du die Winterpause deiner Schützlinge und baust deine Auffangstation um, richtig?
Genau, momentan entstehen durch einen Hausumbau zusätzliche Gehege und Außenanlagen. Vor allem die Garage wird ganz neu genutzt, hier konnte ein großes, neues Winterquartier für Köhler- und Sternschildkröten geschaffen werden.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!
Das Gespräch führte Axel Kwet (erschienen in der TERRARIA/Elaphe 2018/01 )
Die „TERRARIA/elaphe“ ist die wichtigste Zeitschrift der DGHT, der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V..
Die DGHT ist ein Verein, der sich für den Natur- und Artenschutz, die Erforschung von Amphibien und Reptilien sowie deren artgerechte und sachkundige Haltung einsetzt
Einfach bewundernswert wie sich Christin für die Tiere einsetzt. Am Schildkrötentag, dem 25. Mai 2019, kann sich gerne jeder mal ein Bild davon machen. Auch die noch so kleinste Spende ist herzlich willkommen.
Christin Kern
Auffangstation für Landschildkröten Stuttgart
(gemäß §11 TierSchG, mit amtstierärztlicher Genehmigung)
www.landschildkroeten-stuttgart.de
info@landschildkroeten-stuttgart.de
Spendenkonto:
Christin Kern, Volksbank Stuttgart
IBAN: DE66 6009 0100 0344 1190 09